Der Geist von Malente

Vortrag von Laura Potzuweit, M.A. "Der (Zeit-)Geist von Malente. Werden und Rezeption eines Fußballmythos" in der Eutiner Landesbibliothek am 30.9.2020

Mitten in der Unruhezeit rund um den Rücktritt von Willy Brandt, den Amtsantritt von Bundespräsident Walter Scheel und die Aktivitäten der RAF gewinnt Deutschland am 07. Juli 1974 in München gegen Holland mit 2:1 und ist nach 1954 zum zweiten Mal Fußball-Weltmeister. Am Beginn dieser fußballerischen Reise steht jedoch die Einquartierung in der Sportschule Malente in Ostholstein. In den spartanischen Zimmern entsteht schon in der Anfangsphase unter den Spielern ein Gefühl des Eingesperrtseins. Franz Beckenbauer wird sogar medienwirksam mit dem Satz „Wir werden hier wahnsinnig“ zitiert. Der Tiefpunkt scheint nach der 0:1-Niederlage gegen die Mannschaft der DDR in der Gruppenphase erreicht. Nach der Rückkehr vom verlorenen Spiel wird in der Küche in Malente der Mythos um Teamgeist und die Führungspersönlichkeit Franz Beckenbauer geboren. Nachträglich, erst einige Jahrzehnte später, wird diese Nacht zur Geburtsstunde des „Geistes von Malente“, der den Weltmeister-Titel am 07. Juli 1974 erst ermöglichte und Malentes Ruf als Sportort für die Zukunft manifestiert, sodass auch die Fußballnationalmannschaften 1990 und 1994 die Sportschule in Ostholstein als Unterkunft erwählten. Der Vortrag möchte jedoch nicht nur hinterfragen, ab wann und wie sich der Mythos „Malente“ konstruierte, sondern auch wie seine Langlebigkeit bis in unsere Zeit zustande kam.