Sie war eine Institution, an die sich viele alte Eutiner noch lebhaft erinnern: Margarete Walter, Bibliothekarin und langjährige Leiterin der Kreisbibliothek Eutin. 1921 in Riga (Lettland) geboren, wurde sie 1939 ins besetzte polnische Warthegau umgesiedelt, wo sie 1940 ihr Abitur ablegte. Von 1941 bis 1943 wurde sie in Posen und an der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin zur wissenschaftlichen Bibliothekarin ausgebildet. Anschließend war sie zwei Jahre an der Universitätsbibliothek Posen tätig und kam nach der Flucht 1945 nach Eutin. Am 8. April 1946 wurde sie hier als Bibliothekarin der damals noch „Eutiner Landesbibliothek“ genannten Bücherei eingestellt - die historische „Landesbibliothek“ und der (durch Krieg und Entnazifizierung geschrumpfte) moderne Buchbestand der Abteilung „Volksbücherei“ waren damals eine selbstverständliche Einheit. Schon Ende 1946 konnte die nun offiziell in „Kreisbibliothek Eutin“ umbenannte Büchersammlung aus ihrem Notquartier in der Lübecker Straße 12 wieder in das Kavalierhaus am Schlossplatz zurückkehren, das 1945 von der britischen Militärregierung beschlagnahmt worden war. In den folgenden Jahren engagierte Margarete Walter sich mit großem Einsatz für den Aufbau der Kreisbibliothek, die räumlich beengt und mit geringen Mitteln die zahlreichen Lesebedürfnisse der durch Flüchtlinge angewachsenen Eutiner Bevölkerung bedienen musste. Sie erfüllte diese Aufgabe engagiert und kenntnisreich, gelegentlich aber auch resolut. „Nein, nein, dieses Buch ist nichts für Sie“, konnte sie einen Lesewunsch durchaus auch einmal abgeschlägig bescheiden, „ich gebe Ihnen ein anderes, das besser für Sie passt!“ Als wissenschaftliche Bibliothekarin schlug ihr Herz aber nicht nur für die gefragte moderne Sachliteratur und Belletristik, sondern auch für den historischen Bestand der „Abteilung Landesbibliothek“. So begann sie die Katalogisierung des wertvollen Altbestandes und hielt mit Ausstellungen, Führungen und einer ersten gedruckten Eutiner Bibliotheksgeschichte das Bewusstsein für die Bedeutung der Sammlung wach. Als großes Glück und Krönung ihres Berufslebens empfand sie es, dass sie 1980 den Umzug der Kreisbibliothek in die vom Kreis Ostholstein erworbene und aufwendig umgebaute ehemalige Kutschenremise am Schlossplatz erleben und mitgestalten konnte. Nicht weniger glücklich war sie über ihre Nachfolgerin Ingrid Bernin-Israel, der sie ihre Bibliothek ein Jahr später mit dem Eintritt in den Ruhestand übergeben konnte. In den folgenden Jahrzehnten blieb Margarete Walter der Kreisbibliothek und der (ab 1987 selbständigen) Eutiner Landesbibliothek persönlich und als Leserin eng verbunden. Am 25. November 2020 ist sie in Eutin gestorben, wenige Wochen vor Vollendung ihres 100. Lebensjahrs.
Frank Baudach