Eutin - Heidelberg 1811. Briefwechsel des Studenten Ernst Hellwag mit seiner Familie in Eutin. Hrsg. von Henry A. Smith. Eutin: Eutiner Landesbibliothek 2009. 230 S. ISBN 978-3-939643-02-9 · 26 €
Der Band bietet einen ungewöhnlichen Einblick in eines der norddeutschen Krisenjahre der Napoleonzeit: Im Mittelpunkt stehen 43 bisher unbekannte Briefe, die im Jahr 1811 zwischen dem Eutiner Arztsohn Ernst Hellwag, der damals in Heidelberg Jura studierte, und seiner Familie in Eutin gewechselt wurden. In ihnen spiegelt sich die kritische Lage des Herzogtums Oldenburg ebenso wider wie die alltäglichen Verhältnisse und Ereignisse der norddeutschen Landstadt Eutin. Einerseits war die politische Lage für Eutin höchst bedrohlich, bestand doch die Gefahr, nach der französischen Okkupation Oldenburgs ebenfalls von napoleonischen Truppen besetzt zu werden. Andererseits ging das alltägliche familiäre, wirtschaftliche und kulturelle Leben weiter: Ausflüge nach Hamburg und in die nähere Umgebung, Hausmusik und öffentliche Konzerte, Bälle, Schulstunden, Konfirmationen, Geburten und Todesfälle. Ein Auftritt des schauspielerischen Multitalents G. A. von Seckendorff (alias Patrick Peale) war in der Kleinstadt ein besonderes Ereignis. Und in der Lokalpresse wurde sogar ein publizistischer Streit um die aktuelle Korsettmode ausgetragen.
Neben dem Hellwag-Briefwechsel bietet der Band eine Fülle von ergänzenden Materialien zum Jahr 1811 in Eutin. Ein ausführliches Personenregister enthält Daten und Kurzbiographien zu einer Reihe von Eutiner Persönlichkeiten, die lexikalisch noch nie erfasst worden sind. Angaben zu den Wohnhäusern von fast allen erwähnten Eutinern erlauben einen neuen Einblick in die gesellschaftlichen Verhältnisse der Stadt. Hinzu kommt ein vollständiges Register aller 279 Häuser nebst Angaben zu damaligen Besitzern und heutigen Straßenadressen. Das Jahr 1811 wird durch die 75 Bildbeigaben des Bandes besonders anschaulich dokumentiert: Neben Kunstwerken, faksimilierte Handschriften und Bildern von nicht mehr vorhandenen Eutiner Häusern sind vor allem zahlreiche, teils noch nie veröffentlichte zeitgenössische Portraits erwähnter Personen von Bedeutung - So werden z.B. erstmalig alle vier Söhne des Dichters Johann Heinrich Voß abgebildet.
Inhalt: Vorwort - Briefwechsel der Familie Hellwag mit Ernst Hellwag in Heidelberg 5.1.1811-25.10.1811 - Anhang 1: Otto Martens über seinen Besuch in Eutin, Oktober 1811 - Anhang 2: Der Eutiner Korsett-Streit von 1811 - Anhang 3: Ein Auftritt von Patrick Peale - Bibliographisches Namenregister - Eutiner Hausregister 1811 - Quellen- und Siglenverzeichnis, Abbildungsnachweis