Bibliografie Reiseliteratur - unscharfe Suche

Anonym (Veiras, Hans Franz):
Heutelia, Das ist: Beschreibung einer Reiss so zween Exulanten durch Heuteliam gethan darinn verzeichnet 1. Was sie denckwürdig gesehen und in obacht genommen so wol in Geistlichen als Weltlichen. 2. Was sie für Discursen gehalten. 3. Was ihnen hin und wider begegnet. - Lutetia (= Ulm) 1658. 6 ungez., 297, 3 ungez. S. Mit gestochenem Vortitel.

Die Autorschaft war lange unsicher. Haller und andere bernische Quellen nennen noch Jakob von Graviseth, einen aus Straßburg stammenden Bankierssohn, der in die Schweiz übersiedelte und
Bürger von Bern wurde, aber noch im Erscheinungsjahr starb. Erst im 20. Jahrhundert konnte der pfälzische Emigrant Veiras als wahrscheinlicher Verfasser namhaft werden. Als weitere mögliche Autoren werden aber auch der deutsche Flüchtling Johann Heinrich von Traunsdorff und der durch seine Unfälle bekannte N. Breitschwerd genannt. Wie aus historischen Erwähnungen geschlossen werden kann, ist der Text, wer auch immer ihn verfasst haben mag, zwischen 1638 und 1639 entstanden; mit der Veröffentlichung wartete der vorsichtige Autor also gute zwanzig Jahre.
Das Buch beschreibt die Reise eines pfälzischen Edelmanns und eines würtembergischen Rechtsgelehrten, beide reformierte Flüchtlinge des 30jährigen Krieges, durch die Schweiz, besonders das Gebiet um Bern. »Trotz junkerlichem Hochmut und gelehrter Spitzfindigkeit steckt im ganzen viel gesunder Menschenverstand. Die Haltung zur Welt ist frei und überlegen; sie missbilligen die Anwendung der Folter, verurteilen die obsoleten Rechtsbrüche, rügen die bernische Münzverschlechterung, verdammen die Kriegslust der Fürsten. Besonders reich ist der sittengeschichtliche Ertrag. Die Reisenden fragen jeden aus, meistens die Wirte, deren gesellschaftliche Stellung hier deutlich wird ... Lob und Tadel werden nach Orten verteilt. Zürich kommt gut weg. Basel wird auf der Reise nicht berührt, nur aus der Ferne mit dem Scheinwerfer boshaft grell beleuchtet. Gar von Bern entwerfen sie ein breites, schonungsloses Sittengemälde, das die Stadt in Aufruhr brachte ... Im ganzen zeigen sich die beiden Reisenden mehr schaufähig als einsichtig« (Feller / Bonjour).
Heutelia ist das Anagramm von Helvetia. Offenbar waren die beiden Blätter am Schluß des Buches mit der "Clavis Heuteliae", dem Schlüssel für die zahlreichen Anagramme und Verballhornungen der Ortschaftsnamen und anderen Bezeichnungen nicht jedem Exemplar beigegeben.

Nachweise: Faber du Faur 448; Feller / Bonjour 466 f.; Jantz 2572
Sachbezug: Satire
Geographischer Bezug: Schweiz; Bern

BibliografieDeutschsprachige Reiseliteratur vom 18. bis 20. Jahrhundert
© für die Datenzusammenstellung und inhaltliche Erschließung: Wolfgang Griep, Eutin