Katalog Reiseliteratur - Expertensuche

Signatur: Ly 3068
Minck, Friedrich M.:
Räte-Russlands Not. Erlebnisse und Erkenntnisse während meiner achtmonatigen Forschungsreise in Sowjetrussland (Sept. 1920 bis April 1921). - Berlin-Fichtenau: Verl. Gesellschaft und Erziehung 1921. 82 S.

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Der deutsche Sozialist Friedrich Minck (Lebensdaten nicht ermittelt) unternahm von September 1920 bis April 1921 eine Studienreise in die junge Sowjetunion. »Ich fuhr als Anhänger der kommunistischen Idee und Mitglied des linken Flügels der U.S.P.D. nach Rußland ... Ich reiste nicht auf Anordnung einer Arbeiterorganisation oder Partei, aber mit Empfehlungen der Betriebsrätezentrale Berlin, Räteschule der Groß-Berliner Arbeiterschaft, U.S.P.D. linker Flügel [u.a.] um im Interesse der Räteschulbewegung Deutschlands in Rußland wirtschafts-wissenschaftliche Forschungen zu machen, die der Lehr- und Aufklärungsarbeit im Proletariat dienen sollten« (Vorwort). Minck hielt sich u.a. in Minsk, Moskau, Smolensk, Wologda, Wjatka, Perm und Jekaterinburg (Ural) auf. Mit von der Partie waren der Arbeiterdichter Max Barthel (1893-1975) und die Schweizer Sozialistin Annelise Rüegg (1879-1934). Minck verstand und sprach offenbar Russisch. Sein Reisebericht orientiert sich nicht an Reisestationen, sondern schildert in einzelnen Kapiteln das wirtschaftliche und soziale Leben in der Sowjetunion: Die rote Armee, das Leben auf dem Lande, Fabriken, die Versorgungslage, Verkehrsmittel, Bildungswesen und Kinderfürsorge, Geheimpolizei und Gefängnisse (Minck war auf Betreiben von Barthel kurzzeitig in der berüchtigten Lubjanka inhaftiert), Gewerkschaften, Räte und Partei, marxistische Sozialisierung u.a. Mincks Einschätzung der Lage ist realistisch und insgesamt negativ. Die Ideale und Ziele der internationalen Arbeiterbewegung sieht er im sowjetischen Bolschewismus verraten. Statt sozialistischem Internatonalismus findet er in Russland »Imperialismus und Chauvinismus« (S. 82).
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Reiseorte: Sowjetunion; Russland